Bauernpaar mit Hund in Dohna
  • Richard Müller
  • Tschirnitz / Böhmen 1874 -1954 Dresden
  • Bauernpaar mit Hund in Dohna, 1939
  • Bleistift und schwarze Kreide, partiell gewischt, auf Papier
  • beschriftet, datiert und signiert: Dohna i. Sa. 1939 / Rich. Müller
  • 676 × 479 mm

Ganz anders verhält es sich wieder bei der besonders großformatigen Darstellung eines alten Bauernpaares in Dohna aus dem Jahre 1939, die zusammen mit ihrem Hund wie vom Künstler selbst positionierte Modelle präsentiert werden. Im Zentrum dieser hyperrealistischen Darstellung steht der Bauer selbst; mit verdreckter Schürze, Stock und Pfeife blickt der Herr des Hofes vorbei an seiner Frau, die unter einem Holzfaß schwer gebückt dem Betrachter den Rücken zukehrt. Auf der linken Seite des Bauern wartet sein devot aufblickender Schäferhund. Im Hintergrund wird die Szene beherrscht von dem markanten Turm der evangelischen Marienkirche von Dohna aus dem Jahre 1684. Dieses so eigentümlich gestellt wirkende Arrangement sowie die technische Brillanz und photographische Illusion der Zeichnung verblüffen noch heute. Das Motiv scheint so übersteigert, daß es beinahe zur Karikatur seiner selbst wird. Vielleicht sollte man aber auch den großen Humor Richard Müllers nicht unterschätzen, der genau diese optische Falle gern dem Betrachter stellen mochte.

Obwohl es über Jahrzehnte sehr ruhig um Richard Müller und sein einzigartiges Oeuvre an Gemälden, Radierungen und vor allem an Zeichnungen geworden war, ist das Bewußtsein seiner Bedeutung bei fachkundigen Sammlern der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts jedoch nie ganz untergegangen. Der breiteren Öffentlichkeit wurden sein Talent und enorme Kreativität allerdings erst 1974/75 wieder vor Augen geführt, durch Ausstellungen und gemeinsame Kataloge der Galerien Brockstedt in Hamburg und Pels-Leusden in Berlin. Die Wiederentdeckung des Nachlasses nach dem Fall der Mauer sowie eine umfangreiche Dissertation mit Werkverzeichnis von Corinna Wodarz 2002 in Göttingen (Symbol und Eros. Die Bildwelten Richard Müllers) unterstützen diese überfällige Neubewertung. Im Jahre 2013 schließlich gab das Museum der Bildenden Künste in Leipzig mit der Ausstellung Die Schöne und das Biest dem heute noch so irritierenden wie anregenden Künstler Richard Müller wieder den verdienten, offiziellen Rahmen.