Sechs Ansichten der Totenmaske Napoléons
  • Richard Müller
  • Tschirnitz / Böhmen 1874 -1954 Dresden
  • Sechs Ansichten der Totenmaske Napoléons, 1906
  • Bleistift und Kohle auf Papier
  • bezeichnet, monogrammiert und datiert: Totenmaske Napoléon´s / R. M. 06
  • WVZ-Nr. Z 1906.28
  • 510 × 388 mm

Das Thema der Vergänglichkeit, der immanenten Opposition von Leben und Tod, zieht sich durch das gesamte Oeuvre von Richard Müller. Bereits kurz nach der Jahrhundertwende finden sich erste Beispiele jener Faszination, welche die Ohnmacht alles Lebendigen gegenüber dem Schicksal zeitlebens auf den Maler ausgeübt hat. Ein eindrucksvolles Zitat ist die großformatige Zeichnung mit sechs Darstellungen der Totenmaske von Napoléon Bonaparte, welche im Jahre 1906 in Paris entstand. Die Aura des legendären Feldherrn (1769-1821) hat hier ganz offensichtlich den Zeichner in den Bann geschlagen, denn Müller ging weit über eine reine Wiedergabe hinaus. Vielmehr vermochte er die Atmosphäre durch komplizierte Verschachtelung der unterschiedlich beleuchteten Anlitze so zu steigern, daß die Köpfe scheinbar beginnen, miteinander zu kommunizieren. Durch ein ausgetüfteltes Spiel von Verschattungen wird die Dreidimensionalität der Darstellung noch gesteigert und dem Toten gleichsam neues Leben eingehaucht. Die photorealistisch wiedergegebene Gipsnaht wird nun quasi zur Narbe des verstorbenen Kaisers. Im Jahre 1913 nutzte Richard Müller die Maske Napoléons erneut, zusammen mit dem markanten Profil des preußischen Königs Friedrich II., für eine weitere, bedrückende Darstellung der Vergänglichkeit: Was ist Ruhm - was sind Namen? (Abb. 1) betitelte er selbst dieses Blatt, auf dem der lorbeerbekränzte Tod sich genüßlich anschickt, die toten Herrscher zu enthaupten.