Mohnblüten mit einer Kapsel und Blättern
  • Philipp Otto Runge
  • Wolgast 1777 - 1810 Hamburg
  • Mohnblüten mit einer Kapsel und Blättern
  • Weisser Scherenschnitt, alt montiert auf hellblauem Unterlagepapier
  • 254 × 129 mm
Provenienz:
Heinrich Johann Herterich, Hamburg (1772-1852)
Otto Speckter, Hamburg (1807-1871)
Familie Speckter, bei Hamburg (bis 2014)

Philipp Otto Runge wurde als neuntes von elf Kindern eines Reeders geboren, dem er in der Firma nachfolgen sollte. Dazu trat der junge Runge 1795 eine kaufmännische Lehre in Hamburg an, wo er bald Anschluß fand an den Freundeskreis seinen Bruders Daniel, dem die Dichter Matthias Claudius und Friedrich Gottlieb Klopstock sowie der Kunstsammler Johannes M. Speckter angehörten. Diese ermunterten Philipp, bei Heinrich Herterich Zeichenunterricht zu nehmen und schließlich an der königlichen Akademie in Kopenhagen zu studieren. Jens Juel und Nicolai Abildgaard waren dort seine Lehrer. 1801 setzte Runge sein Studium bei Anton Graff an der Kunstakademie in Dresden fort, wo er Kontakt zu Caspar David Friedrich und anderen Romantikern aufnahm. Er heiratete Pauline Bassenge und zog 1804 mit ihr zurück nach Hamburg, wo er 1810 viel zu jung an Tuberkulose starb. In seiner kurzen Lebenszeit schuf Runge jedoch ein ganz einzigartiges Oeuvre.

Vor allem Runges Scherenschnitte gehören zu den besonderen Kostbarkeiten der Kunst der deutschen Romantik. Bereits in jungen Jahren entwickelte der Künstler ein besonderes Geschick im Umgang mit den sogenannten Silhouetten. Drei Viertel dieser Arbeiten Runges stellen florale Motive dar und so schärfte er bei diesen Pflanzendarstellungen sein Auge für die jeweiligen Charakteristika und botanischen Feinheiten. Die Naturstudien betrachtete Runge als eine notwendige Voraussetzung für sein angestrebtes Ziel einer Erneuerung der Landschaftsmalerei; gleichzeitig verkörperte für ihn jede Pflanze aber auch die vollkommene Schönheit der göttlichen Schöpfung.

Die zierliche Mohnblume mit ihren großen, filigranen Blütenblättern und den erstaunlich zarten Stengeln hatte es Philipp Otto Runge besonders angetan. In mehreren Scherenschnitten versuchte er, die so flüchtige Aura jener Blume zum Ausdruck zu bringen, obwohl die Abstraktion dieser Technik sein künstlerisches Ansinnen gleichzeitig erschwerte.

Die hier gezeigte Pflanze trägt neben zwei unterschiedlich erblühenden Blüten bereits auch eine reife Kapselfrucht, die mit ihrem Gewicht den Stengel herunterzudrücken scheint. Zwei Blätter am unteren Ansatz des Stiels vervollständigen die botanische Darstellung.