Tänzelndes Pferdchen
  • Franz Marc
  • München 1880 - 1916 bei Verdun
  • Tänzelndes Pferdchen, 1912
  • Aquarell über Feder in Schwarz, auf einer handgeschriebener Postkarte
  • dort signiert mit Feder in Schwarz: F. Marc
  • 90 × 140 mm
Provenienz:
34. Auktion Roman Norbert Ketterer, Stuttgart, 21. November 1959, Los 525, Abb. Tafel 72
Privatsammlung Schweiz
Literatur:
Alois J. Schardt: Franz Marc, Berlin 1936, Nr. IV-1912-2, S. 171
Klaus Lankheit: Franz Marc - Katalog der Werke, Köln 1970, Nr. 722 (Kleines Fabeltier II), Abb. S. 229
A. Hoberg, I. Jansen: Franz Marc - Werkverzeichnis, München 2004, Bd. II, Nr. 275, Abb. S. 273
Ausstellung:
Kestner-Gesellschaft, Hannover 1936: Franz Marc Gedächtnisausstellung, Kat. Nr. 74

Die Postkarten von Franz Marc gelten als die poetischsten Werke des Künstler überhaupt, als Essenz seiner reifen Kunst im Kleinformat in „wunderhellen Farben“ (Lasker-Schüler), in der sich bereits viele Entwürfe zu seinen späteren Gemälden wiederfinden.

Im Winter 1912 sandte Marc die erste jener Karten an die Dichterin Else Lasker-Schüler (1869-1945) nach Berlin. Diese Korrespondenz wuchs bis zu seinem frühen Tode auf 28 bemalte Postkarten an, die bereits 1919 als Konvolut von der Nationalgalerie Berlin angekauft wurden. Bis 1914 schuf Franz Marc solche Kleinode auch für andere Künstlerfreunde wie Wassily Kandinsky (Fig.1), Alfred Kubin, Erich Heckel und an das Ehepaar Paul und Lily Klee.

Die vorliegende Postkarte schrieb Marc ebenfalls schon im Jahre 1912 aus Sindelsdorf in Bayern an einen deutschen Freund, der gerade zu Besuch in Paris weilte. Leider hat der Vorbesitzer Namen und Anschrift ausgekratzt, sodaß nur mehr zu erkennen ist, daß das Hotel des Empfängers im 9. Bezirk lag. Obwohl Klaus Lankheit in seinem Werkverzeichnis von 1970 das Tier als Fabelwesen bezeichnet hat, scheint es doch deutlich als Pferdchen identifizierbar, das seinen Kopf stolz in die Höhe reckt. Mit dichter Mähne und langem Schweif stolziert es vor einer hügeligen Landschaft im Hintergrund. Marc lavierte diese Studie in bunten Aquarelltönen, das Pferdchen blau, die Landschaft rot, blau und grün. Damit präsentiert der Künstler auf kleinstem Format eine vollwertige Darstellung seines Lieblingsthemas, dem Pferd, vor einer typisch abstrahierten und farbverfremdeten Landschaft.

Bei der auf der Postkarte empfohlenen Frau Epstein handelt es sich um die russische Malerin Elisabeth Iwanowna Epstein, geb. Hefter (1879-1956). Im Jahre 1896 kam sie aus Moskau zum Studium nach München und fand dort bald Anschluß an den Freundeskreis um Wassily Kandinsky, Alexej Jawlensky und Marianne von Werefkin. Hier entdeckte Thomas Mann in Elisabeth Epstein auch das ideale Vorbild für seine intelligente Malerin in dem 1902 erschienen Roman Tonio Kröger.

Ab 1906 lebte und arbeitete Epstein dann in Paris, von wo sie aber weiter mit den Freunden in Deutschland in Kontakt blieb. In Sèvres traf sie sich beispielsweise mit Kandinsky und Gabriele Münter; letztere hatte sie schon in der Malschule von Jawlensky in München kennengelernt (Fig. 2).

Bald wurde Elisabeth Epstein für alle Maler des Blauen Reiter die wichtigste Vermittlerin zur französischen Kunstszene. So schrieb Franz Marc im Oktober 1912 einen begeisterten Brief an Kandinsky über seinen Besuch in Paris und Epsteins Refugium in Montmorency.

Wir danken Frau Dr. Annegret Hoberg für Ihre Hilfe bei der Katalogisierung dieser Zeichnung.

August Macke August Macke
photography, ca. 1903
Franz Marc Franz Marc
photography, spring 1914