Rückenstudie einer jungen Frau
  • Heinrich Zille
  • Radeburg 1858 - 1929 Berlin
  • Rückenstudie einer jungen Frau, vor 1900
  • Kohle, partiell gewischt, auf der Seite eines ehemaligen Skizzenbuches
  • monogrammiert unten links: Z.
  • 220 × 126 mm
Provenienz:
Privatsammlung Berlin

Ein weiteres Original der Berliner Kunstszene um 1900 war Heinrich Zille. Seine Ausbildung erhielt er als Druckgraphiker sowie an der Berliner Kunstschule bei dem Genremaler und Karikaturisten Theodor Hosemann (1807-1875). Seine heute vielgerühmte Zeichentätigkeit begann Zille erst nach der Jahrhundertwende als Illustrator für Zeitungen und bald auch für Magazine wie Simplicissimus und Jugend. Später beschickte er mehrmals Ausstellungen der Berliner Sezession und wurde 1924 Mitglied der Königlichen Akademie.

Dennoch vergaß Zille zeitlebens nicht seine eigene Herkunft aus ärmlichsten Verhältnissen. Vielmehr machte er sich zum künstlerischen Anwalt des Proletariats, des sogenannten Berliner Milljöhs. In der viel zu schnell gewachsenen Metropole des deutschen Kaiserreiches hausten in den berüchtigten Hinterhöfen Hundertausende unter meist menschenunwürdigen Verhältnissen, die Zille immer wieder auf anklagenden Darstellungen mit bittersüßem Galgenhumor der Öffentlichkeit präsentierte. Gleichzeitig amüsierten sich alle Gesellschaftsschichten der Hauptstadt über Zilles humorvollen Karikaturen, zumeist mit eigenen Kommentaren im typisch derben Berliner Jargon.

Auch diese lockere Studie zeigt eine junge Frau im Arbeitskittel,wahrscheinlich bei der Heimarbeit. Dennoch handelt es sich wohl um eine spontane Zeichnung mit künstlerischem Interesse allein an der Situation, ganz ohne sozialkritischen Hintergrund.