Richard Müller

1874–1954

Phantasie und Wirklichkeit

Ein Künstler zwischen Surrealismus und Realismus

Richard Müller

Schon als Student an der Kunstakademie in Dresden begann Richard Müller, in seinen Zeichnungen, Radierungen und Gemälden einen ganz einzigartigen Bilderkosmos zu erschaffen, der ihn zeitlebens außerhalb der Kunstströmungen seiner Zeit stellen sollte. Diese surrealen Kompositionen und photorealistischen Darstellungen, gespickt mit altmeisterlichen Motiven oder albtraumhaften Gegenüberstellungen, haben bereits Zeitgenossen in aller Welt so irritiert wie fasziniert. Später jedoch verstellten allgemeines Unverständnis und Diffamierungen, gepaart mit dem Unvermögen Müllers, die Umwälzungen der Moderne zu verarbeiten, den Blick auf die geniale Technik und schöpferische Kraft seines Oeuvres. Deshalb gilt es heute aufs Neue, das Werk dieses zu Unrecht vergessenen Künstlers mit seiner altmeisterlichen Perfektion und symbolisch aufgeladenen Inhalten den Kabinetten von Museen und Kennern zu entreißen und für die Öffentlichkeit wieder zu entdecken.

1874
Am 28. Juli wird Richard Müller im böhmischen Tschirnitz an der Eger als Sohn eines sächsischen Webers geboren
1888
Aufgrund seines Zeichentalents wird er bereits mit 14 Jahren in die Malschule der Königlich Sächsischen Porzellanmanufaktur in Meißen aufgenommen
1890
Zulassung an der Königlichen Kunstakademie in Dresden, Studium bei Leonard Gey und Friedrich Leon Pohle
1893
Mit 19 Jahren verläßt er die konservative Akademie wieder und teilt sich in Dresden ein Atelier mit Sascha Schneider und Hans Unger; erste erfolgreiche Ausstellung mit Tierstudien, Mitglied des sezessionistischen Vereins Bildender Künstler Dresdens
1897
Erhält den Großen Rompreis der Preußischen Akademie der Künste; wird von Max Klinger und Ernst Moritz Geyger für die Radierung begeistert; Lehrer an der privaten Kunstschule von Guido Richter in Dresden, Freundschaft mit Hans Thoma und Franz von Stuck
1898
Ernst Seeger und Fritz Gurlitt publizieren eine erste Mappe seiner Graphiken, allgemeine Anerkennung auch als Maler; auf der Weltausstellung in Paris Verleihung der Großen Goldenen Medaille der Stadt Dresden
1900
Heirat mit der berühmten amerikanischen Konzertsängerin Lillian Sanderson
1902
Geburt des Sohnes Adrian Lukas
1903
Professur für Zeichnung an der Königlichen Kunstakademie in Dresden, initiiert überfällige Reformen und unterrichtet u.a. George Grosz, Richard Scheibe und Max Ackermann
1904
Berufung in die internationale Jury der Weltausstellung in St. Louis
1905
Mitglied im Deutschen Künstlerbund, lehnt eine Professur in Berlin ab
1914
Einberufung als Zeichner für den Stab an der Westfront
1915
Rückruf an die Akademie in Dresden
1920
Gründungsmitglied der Deutschen Kunstgesellschaft
1921
Sonderausstellung Richard Müllers in Dresden, Franz Hermann Meißner publiziert erste Monographie, der Sohn übernimmt die Vermarktung der Arbeiten des Vaters
1924
Berufung zum Studiendirektor der Dresdner Kunstakademie
1933
Ernennung zum Rektor der Akademie, danach Mitglied der NSDAP, verfaßt gehässigen Artikel anläßlich der Ausstellung Entartete Kunst in Dresden
1935
Müller initiiert seinen Ausschluß aus der Partei, Entlassung als Rektor und frühzeitige Pensionierung, einzelne Exponate auf den Großen Deutschen Kunstausstellungen im Haus der Kunst in München
1948
Verweigerung der Mitgliedschaft in der Künstlergewerkschaft der DDR; lebt nach Diffamierungen als Persona non grata von Gelegenheitsaufträgen
1954
Am 7. Mai stirbt Richard Müller einsam in seinem Haus in Dresden-Loschwitz