Der Bogenschütze
  • Richard Müller
  • Tschirnitz / Böhmen 1874 -1954 Dresden
  • Der Bogenschütze, 1906
  • Bleistift und schwarze Kreide, auf Vélin
  • monogrammiert und datiert: R. M. / 06
  • WVZ-Nr. Z 1906.24
  • 347 × 602 mm
Provenienz:
Kommerzienrat Carl Leonhardt, Zwickau 1921
Privatsammlung London
Literatur:
Franz H. Meißner: Das Werk von Richard Müller, Dresden 1921, Nr. 42, Abb. S. 46

Dem Thema des Bogenschützen hat Richard Müller über mehrere Jahrzehnte verschiedene Zeichnungen und Radierungen gewidmet. Eine erste friedvolle Fassung des nackten Jägers mit Pfeil und Bogen, welcher fliegende Kraniche in einer realen Landschaft beobachtet (1897, Bleistift, 274 x 230 mm, Museum der Bildenden Künste Leipzig, Inv. Nr. I. 2084), steht noch ganz in der Tradition des großen sächsischen Vorbilds Max Klinger (1857-1920). Den späteren Versionen dieses Themas liegen nach Müllers eigenen Worten jedoch die Anregungen jener chimärenhaften Dämonen-darstellungen zugrunde, die als Mahnung und Abschreckung an gotischen Kirchen zu finden sind. In unserer großformatigen Zeichnung aus dem Jahre 1906 hat Müller die albtraumhafte Umkehrung der Situation durch die surreale Größengleichheit des Jägers mit den beiden angreifenden Chamäleons noch irritierend gesteigert. Der archaisch nackte Mensch hat die Waffe hier bereits verloren, lediglich die Pfeile im Rücken der Tiere belegen seine ersten Angriffe und damit auch den Titel des Blattes. Allerdings haben sich die Kräfteverhältnisse offensichtlich gewendet, und der Jäger ist seinen vermeintlichen Opfern, die grausame Rache nehmen, im Todeskampf ausgeliefert. Dem erschrockenen Betrachter bleibt lediglich noch zu spekulieren, ob dem unglücklichen Menschen der Tod durch Zerreißen oder Biß in den Nacken bevorsteht.

Richard Müller schuf noch zwei weitere Varianten dieses Themas: einmal kämpft der Jäger mit zerborstenen Waffen, den erlegten Hasen noch in der Hand, einen aussichtslosen Kampf gegen eine enorme Würgeschlange, das andere Mal nimmt es gar ein einzelnes, erneut überlebensgroßes, Chamäleon gleich mit zwei Schützen auf, die wiederum ihrem vermeintlichen Opfer schon unterlegen sind (Abb. 1). Alle Fassungen setzte Müller einige Jahre später dann auch in entsprechende Radierungen um.