Besonders in den Jahren nach seinen Kriegserfahrungen entwickelte Richard Müller eine Anzahl von graphischen Arbeiten, in denen er mit erstaunlichem Witz nackten weiblichen Schönheiten exotische Tiere gegenüberstellte. So auch auf dieser großformatigen Zeichnung von 1915, die er selbst Eine Anfrage betitelte. Im Motiv-Vokabular Müllers steht der Nasenbär meist für einen stillen Beobachter, der trotz seiner phallus-ähnlichen Nase nicht mit einer großen Libido ausgestattet ist. Dennoch ist in diesem Fall seinem neugierigen Blick und aufgerichteten Schwanz eine gewisse Lüsternheit nicht abzusprechen. Die nackte Schöne hingegen verdeckt wie in fast allen ähnlichen Kompositionen ihr Gesicht, hier mit einem übergroßen Fächer. Dahinter steht nicht unbedingt ein neckisches Locken, sondern eher der Wunsch nach Incognito oder der entpersonalisierte Vamp. Die Strumpfbänder sind ein Überbleibsel der noch weit verbreiteten erotischen Photographie und zeugen vom Hang des Zeichners zur sexuell-hintersinnigen Anekdote. Mit diesen erotischen, aber doch symbolistisch verfremdeten Arbeiten hatte Müller großen Erfolg, und sein Sohn Adrian Lukas vertrieb als Kunsthändler die graphischen Vervielfältigungen bis nach Übersee.