Ruine im Klosterpark Altzella
  • Richard Müller
  • Tschirnitz / Böhmen 1874 -1954 Dresden
  • Ruine im Klosterpark Altzella, 1937
  • Bleistift und schwarze Kreide, partiell gewischt, umrandet, auf festem Papier
  • signiert und datiert: Rich. Müller 1937
  • WVZ-Nr. Z 1937. ..
  • 430 × 360 mm

Bei Nossen in Sachsen liegt die ehemalige Zisterzienserabtei Kloster Altzella. Sie wurde im 12. Jahrhundert vom Markgrafen von Meißen gegründet, aber bereits 1540 von einem seiner Nachfahren wieder aufgehoben, obwohl inzwischen die Erbbegräbnissstätte der Wettiner hier eingerichtet war. Auf dem ca. 18 Hektar großen, befestigten Areal entstanden für die einst sehr wohlhabende Klostergemeinschaft neben der Stiftskirche auch mehrere Wohn- und Arbeitsgebäude. Die meisten davon sind allerdings seit langem zu romantischen Ruinen verfallen, die bereits im 19. Jahrhundert zahlreiche Künstler inspiriert haben. Auch Richard Müller konnte sich 1937 während eines Besuches des Klosterparks nicht der Wirkung der Giebelfassade des ehemaligen Schüttgebäudes entziehen. Allerdings verfremdete er den gewohnten Anblick gleich mehrfach und läßt so noch heute den Betrachter irritiert an den eigenen Sehgewohnheiten zweifeln. Durch einen drohend dunklen Himmel über dem Gemäuer verkehrte Müller den Tag quasi zur Nacht, unterstützt durch eine unerklärlich künstliche Beleuchtung der unteren Giebelwand. Im Gegensatz dazu glänzt jedoch das Fell der Pferde wie auch das Gefieder der Tauben im Sonnenlicht, welches jedoch wieder völlig fehlt auf den Bäumen und Büschen. Die Hell-Dunkel-Kontraste werden außerdem betont durch abgestorbene Stämme und Zweige vor der surreal leuchtenden Wand sowie durch das symbolhafte Nebeneinander eines Schimmels und eines Rappen. Der zum dunklen Schlund verkehrte, in Wirklichkeit aber offene Eingangsbogen am Fuße der Fassade komplettiert die mystische Erscheinung dieser Zeichnung.

Die Schüttgebäude dienten im Mittelalter hauptsächlich zur Lagerung des bäuerlichen Zinsgetreides auf mehreren übereinanderliegenden Böden. In dem tennenartigen Untergeschoß wurden allerdings auch leere Bier- und Weinfässer, Wagen und Schlitten aufbewahrt. Schon 1937 standen nur noch die Umfassungsmauern und Giebelwände dieses Gebäudes.